Kaffeekapseln , Velobremsscheiben, Heizungsrohre und Armierungseisen: Die Designer-Leuchten von Andi Wüthrich und Georg Lanter bestehen zu 95 Prozent aus gebrauchten Materialien.

2mol – zwei Mal. Der Markenname sagt alles. 2mol, für zwei Freunde aus St. Gallen, die sich als Kinder in der Schule kennen gelernt haben und immer noch ein Zweiergespann bilden. Und 2mol, für ein zweites Leben von Nespresso-Kapseln und anderen Altmetallen. Andi Wüthrich (31) und Georg Lanter (32) stellen aus hunderten von gepressten Kaffeekapseln und Altmetallen wie Velorädern und Armierungseisen Designleuchten im aktuellen Industrial-Chic her.

EIN TEAM, DAS ES IN SICH HAT

Zwar haben sich die beiden beruflich in verschiedene Richtungen entwickelt, Wüthrich ist Treuhänder und Lanter Primarlehrer. Doch genau das macht die Qualität ihrer Zusammenarbeit aus. «Wir sind sehr unterschiedlich und harmonieren trotzdem», sagt Georg Lanter. Oder gerade deswegen. Und Andi Wüthrich ergänzt: «Das gemeinsame Projekt ist ein guter Ausgleich.» Denn: Beide sind nach wie vor in ihren angestammten Berufen tätig und haben Familien mit kleinen Kindern.

FASZINIERT VOM MATERIAL

Am Anfang stand keineswegs fest, dass sie Leuchten kreieren wollen. «Es war die grosse Menge an wertvollem Material, die uns interessierte», erinnert sich Lanter. «Das Material der Kaffeekapseln und die Farbenvielfalt standen im Vordergrund», fügt Wüthrich an.

In einer Werkstatt, die sie im Heizungskeller von Andi Wüthrich eingerichtet hatten, starteten sie die ersten Versuche, die Aluminiumkapseln sinnvoll weiterzuverwenden. Und stellten fest, dass sie flach gedrückt und mit Rundkopfklammern zusammengefügt ein Gitter ergeben, das stabil und trotzdem flexibel ist. Sie liessen das System schützen und experimentierten weiter.

EIN BLICK FÜR DIE MATERIALIEN

Zuerst versuchten sie, die Kaffeekapseln-Gitter mit Holz zu kombinieren. Weil das nicht funktionierte, probierten sie es mit gebrauchten Velobremsscheiben und Armierungseisen. «Mit der Zeit bekamen wir einen Blick dafür, welche Materialien passen könnten», sagt Georg Lanter. Die Idee, aus den Kapseln und Altmetallteilen Leuchten anzufertigen war geboren.

ALLES IST HANDARBEIT

Als es dann allerdings darum ging, die elektrischen Arbeiten auszuführen, die Lampen zu montieren und Kabel einzuziehen, gerieten die beiden Jungunternehmer an ihre Grenzen. «Wir verursachten ab und zu in unserer Werkstatt einen Kurzschluss», erinnert sich Wüthrich. «Wir waren deshalb überaus froh, dass wir bald schon in der sozialen Werkstätte obvita St. Gallen einen Partner gefunden haben, der das nötige Know-how für die Produktion von Leuchten mitbringt» sagt Lanter. Inzwischen werden die Leuchten von 2mol von A bis Z bei obvita hergestellt. Alles ist Handarbeit.

Kapsel für Kapsel wird einzeln aufgeschnitten und geputzt. Danach kommen die Kapseln in eine Presse und werden mit den Rundkopfklammern zusammengeheftet. Ausgeführt wird die aufwendige Arbeit von Manuel Fischer, der darin seine Aufgabe gefunden hat und liebevoll auch der Lampenmacher genannt wird. Fertig gestellt werden die Leuchten in der Lehrlingswerkstätte von obvita.

ZIEL ERREICHT

Fast drei Jahre haben Georg Lanter und Andi Wüthrich für die Entwicklung der 2mol-Leuchten gebraucht. Dabei machten sie oft zwei Schritte vorwärts und einen zurück. «Wir wollten mit unseren Produkten erst an die Öffentlichkeit zu treten, wenn sie funktionieren», sagt Wüthrich.

Aufgeben war für die beiden nie eine Option. «Nachhaltigkeit war unser Ziel», sagt Lanter. Mit Produkten, die zu 95 Prozent aus Recycling-Materialen bestehen und in einer sozialen Werkstätte produziert werden, haben sie es erreicht.

LEUCHTEN FÜR JEDES BUDGET

Die Leuchten gibt es in den verschiedenen Ausführungen, als Stehleuchten, kleine Hängeleuchten und grosse Kronleuchter und das in allen Kapselfarben von Nespresso. Die kleinste, die Stehleuchte Minuit fürs Nachttischchen, kostet 150 Franken, Sonnentanz, die kleinste Hängeleuchte, gibt es für 290 Franken.

Grosse Hänge- und Stehleuchten, für die mehrere hundert Kapslen verarbeitet erden müssen, kosten zwischen 1200 und 1500 Franken. Dazu hat 2mol zwei Blumenvasen und Windlichter im Angebot, letztere auf Weihnachten hin auch in einer kleineren Ausführung für 29 Franken.

Am beliebtesten sind die Farben Gold, Schwarz und Violett. Rote und grüne Leuchten verkaufen sich ebenfalls gut. Zudem kann man auf der Webseite der beiden neu seine eigene Leuchte designen, indem man Modell, Farben und Muster – oder auf Wunsch auch eine individuelle Beschriftung – wählt.

KAPSELN VON NACHBARN

Zu Engpässen beim Kapselnachschub ist es noch nie gekommen. Das, obwohl es für die kleinste Stehleuchte 78 und für die grösste, die elegante Slim Queen, 672 Kapseln braucht.

Die beiden Designer werden unter anderem von ihren Nachbarn mit Kapseln beliefert, die froh sind, die Kapseln gleich um die Ecke entsorgen zu können. Georg Lanter hat bei sich zuhause einen Container aufgestellt und Andi Wüthrich hat schon Beutel voller Kapseln in seinem Briefkasten gefunden.

In Aktion zu sehen sind die Leuchten in St. Gallen, im In-Restaurant Lagerhaus, das den Machern von 2mol als Showroom dient, und an diesem Wochenende an der Blickfang in Zürich. Auch an Anlässen von Nespresso kann es durchaus sein, dass man auf 2mol-Leuchten trifft. Nespresso ist auf die beiden Jungunternehmer zugegangen, weil das Unternehmen an den Leuchten interessiert ist.

BALD AUCH IN ZÜRICH ODER BERN?

Und wer weiss, vielleicht sind sie bald einmal in einem der Trendlokale in Zürich, Luzern oder Bern anzutreffen. Denn: Wüthrich und Lanter sind auf der Suche nach weiteren Lokalitäten, in denen sie ihre Leuchten dauerhaft zeigen können.

Text von Susanne Schmid Lopardo / Erschienen am 22.11.2016 in Der Landbote